Nach dem Ende des Sozialistengesetzes (1878–1890) konnten Sozialdemokraten auf dem Erfurter Parteitag vom 14.10. bis 20.10.1891 erstmals seit langer Zeit wieder öffentlich miteinander diskutieren. Frauen durften an politischen Debatten nicht teilnehmen, das war bis 1908 gesetzlich verboten. Dennoch sollte der Erfurter Parteitag zu einem Meilenstein in Sachen Frauenwahlrecht und Gleichberechtigung werden.
Neben der eher theoretischen Analyse über die Zukunft des Kapitalismus beschloss der Parteitag ein neues Grundsatzprogramm mit konkreten, praktischen Forderungen wie Vergesellschaftung der Produktionsmittel, 8-Stundentag, Verbot der Kinderarbeit, Mindestruhepausen, Gleichstellung von landwirtschaftlichen Arbeitern und Dienstboten mit gewerblichen Arbeitern, Unentgeltlichkeit von Unterricht und Lernmitteln sowie der ärztlichen Versorgung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit und das Koalitionsrecht. Zum ersten Mal schrieb die Sozialdemokratie aber auch Forderungen nach Frauenrechten in ihr Programm: das Erfurter Programm forderte das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für Männer und Frauen und darüber hinaus die Abschaffung aller Gesetze, die Frauen benachteiligten. Die SPD blieb bis zur Durchsetzung des Frauenwahlrechts durch die SPD geführte Minderheitsregierung 1918 die einzige Partei, die Frauen das Recht und die Fähigkeit zusprach, zu wählen. Bis zum Ende der gesetzlichen Benachteiligung von Frauen dauerte es noch ein bisschen länger. Erst der von der Sozialdemokratin Elisabeth Selbert durchgesetzte Art. 3(2) Grundgesetz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ schuf die Voraussetzungen für die rechtliche Gleichstellung.