Unser erstes Grundrecht gilt für alle Menschen!? Für alle Menschen? Leider gerät dieses Grundrecht oftmals dann in Vergessenheit, wenn es sich um die Belange und Bedürfnis-se der Menschen mit Behinderungen handelt. Als behindert gelten bei den meisten Menschen - und Politikern - nur die ca. 375.000 Menschen, die in Werkstätten und Einrichtungen leben und arbeiten. Die Wirklichkeit in Deutschland sieht anders aus: Über 15 Millionen Menschen leben, lernen und arbeiten mit offensichtlichen Behinderungen wie z.B. Körperbehinderungen oder Behinderungen, die man nicht sieht wie Sinnesbeeinträchtigungen, orthopädische oder psychische Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen.
Menschen mit Behinderungen werden in Deutschland auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen immer noch erheblich diskriminiert und damit in ihrer Menschenwürde verletzt.
Sibylle Brandt, Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Selbst Aktiv Menschen mit Behinderung in der BayernSPD, fordert deshalb, dass die Grundwerte unserer Gesellschaft - Menschenwürde, Wertschätzung, Respekt, Toleranz und Selbstbestimmung – in einer schnelleren und ehrlicheren Umsetzung der Inklusion, also der barrierefreien und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft für Menschen mit Behinderungen ihren Ausdruck finden müssen. Die bisherigen Bemühungen der Bundesregierung und der Länder waren nur ein Tropfen auf den heißen Stein und in einigen Ländern wie NRW werden Gesetze und Regelungen zur Inklusion bereits wieder rückgängig gemacht.
„Gerade der Rechtsruck in unserer Gesellschaft, lässt befürchten, dass durch wachsende soziale Kälte besonders Menschen mit Behinderungen auf der Strecke bleiben“, so Brandt. „Es darf nicht sein, dass Menschen, nur weil sie nicht der „Norm“ entsprechen, in ihren Bedürfnissen nach Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, Arbeit, Bildung, Gesundheitswesen, Pflege, Kommunikation, Mobilität, Finanzen und Sicherheit weiterhin erheblich beschnitten werden. Viele Betroffene sprechen nicht einmal über ihre Behinderung, weil sie Angst vor Diskriminierung haben. Und die Verantwortlichen verstärken diese Angst noch. Es entsteht lang-sam der Eindruck einer „mentalen Euthanasie“. Wir fühlen uns in unserer Menschenwürde verletzt.“
„Frauen und Mädchen mit Behinderung haben es besonders schwer. Sie werden oft mehrfach diskriminiert.“ so Micky Wenngatz, die Vorsitzende der sozialdemokratischen Frauen. Sie fordert: „Wir müssen uns daher vermehrt dafür einsetzen, dass es ausreichende und wirksame Programme und Fördermaßnahmen gibt, um diese Diskriminierungen in allen Lebensbereichen zu beseitigen.“ Ein besonderes Augenmerk sei dabei auf die Bekämpfung sexualisierter Gewalt zu legen. Studien zufolge werden Frauen und Mädchen mit Behinderung zwei- bis dreimal häufiger Opfer körperlicher Gewalt oder sexuellen Missbrauchs als Frauen und Mädchen, die keine Behinderung haben.
Inklusion ist Demokratie und sie geht uns alle an. Um allen Menschen ein menschenwürdiges Dasein und die gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen, fordert Sibylle Brandt eine schnellere Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und besonders eine allgemeine Rechtsverbindlichkeit der UN-BRK in allen Bereichen herzustellen. „Solange Menschen mit Behinderungen keinen Rechtsanspruch auf die UN-BRK, also auf Teilhabe, Barrierefreiheit und selbstbestimmtes Leben haben, wird ihre Diskriminierung immer so weitergehen!“ so Sibylle Brandt.